BIOGRAPHIE

Brassaï (Gyula Halász) war ein französischer Künstler, besonders tätig als Fotograf, von ungarischer Herkunft.

Brassaïs Arbeiten sind wegweisend für seine Zeit, da er die damals schwierige Technik der Fotografie bei Nacht meisterte. Dabei blieb er nicht im Technischen stecken; vielmehr drückte er in seinen Aufnahmen seine Liebe zu Paris und zu seinen Bewohnern aus. Er verfügte über ein scharfes Auge „für das, was sich zwischen den Menschen des Schattens abspielt. … Brassaï ist in die Eingeweide der Stadt hineingestiegen und hat ihnen menschliche Schicksale entlockt, die wir nicht kannten“ (L. Fritz Gruber).

Seine Bilder sind immer aufrichtig und überzeugend, weil er die Dargestellten nicht überfiel, sondern – auch wenn sie der „Unterwelt“ angehörten – sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit gewinnen konnte. Auch wenn er Schwächen sichtbar machte, machte er sich nicht darüber lächerlich; eher ist ein leises Schmunzeln spürbar. Brassaï selber sagte dazu: There are many photographs which are full of life but which are confusing and difficult to remember. It is the force of an image which matters. (dt: „Es gibt viele Fotos, die voller Leben, aber die unübersichtlich und schwer zu merken sind. Es ist die Kraft des Bildes, die zählt.“)

Weniger bekannt ist, dass Brassaï – neben Man Ray – auch der Fotograf der Surrealisten war. Er nahm Kristalle und Gewächse so auf, dass sie ihrem gewöhnlichen Zusammenhang entzogen wurden und zu freien Wesenheiten mutierten. So konnten sie ihre imaginäre Kraft ohne inhaltliche Zwänge entfalten.

Ein Pionier war Brassaï auf dem Gebiet der Graffiti-Fotografie. Bei nächtlichen Spaziergängen durch Paris seit den zwanziger Jahren fand er Gefallen an den zahlreichen in Mauern eingeritzten Wandbildern und begann sie fotografisch festzuhalten. Doch waren diese Fotografien nicht rein dokumentarisch, sondern auch durch das Streiflicht, das die Einritzungen in den Wänden kontrastreich hervorhebt und durch die Auswahl des Ausschnitts mit künstlerischem Anspruch entstanden. Brassaï veröffentlichte neun dieser Fotografien 1933 gemeinsam mit dem kurzen Essay „Von der Höhlenwand zur Fabrikmauer“ (französischer Originaltitel: Du mur des cavernes au mur d’usine) auf zwei Seiten in der Zeitschrift der Surrealisten, Le Minotaure. Dort schreibt Brassaï in poetischer Sprache ein Plädoyer für die Graffiti, die er als ursprüngliche und authentische Kunstform würdigt. Er erhielt daraufhin viel positive Resonanz und regte andere Künstler, wie zum Beispiel Jean Dubuffet, zur Auseinandersetzung mit Mauern und ihren Graffiti an.

Während es schon zu seinen Lebzeiten etliche Fotoausstellungen von ihm in Amerika und Wanderausstellungen in Europa gab, schätzte man ihn in Frankreich vor allem für seine Zeichnungen und Skulpturen. Für Harper’s Bazaar fotografierte er jahrelang Reisereportagen über Griechenland, die Türkei, Italien, Spanien, Schweden, Marokko und aus den USA über Louisiana und New York. Auch zwei Filme hat der vielseitige Künstler gemacht und in Cannes 1956 dafür einen Preis erhalten. Mit 75 wurde er gemeinsam mit seinem Freund Ansel Adams zu Les Rencontres d’Arles eingeladen und vom dortigen jungen Publikum gefeiert.

Als Medailleur schuf Brassaï u. a. eine Medaille auf Picasso für den Club français de la médaille.

Zwei zeitgleiche Ausstellungen im Juni 2011 in Berlin, kuratiert von Kylikki Zacharias, widmeten sich unterschiedlichen Aspekten der Retrospektive auf Brassaïs Werk. Die Sammlung Scharf-Gerstenberg zeigte Graffiti-Fotos, die der Fotograf über viele Jahre an Pariser Hauswänden entdeckt und aufgenommen hat. Die räumlich benachbarte Sammlung Berggruen bot Künstlerporträts von Pablo Picasso über Henri Matisse bis Georges Braque.